Von Schweinen und Türmen

Der Mensch, schreibt Georg Christoph Lichtenberg in einem seiner Sudelhefte, ähnle von allen Wesen dem Affen am meisten. Inwendig hingegen, das werden Internisten bestätigen, zeigen sich bei uns auffallende Parallelen zum Schwein. Nicht nur die Organe liegen analog, auch in Sachen Anfälligkeit für Stress und Herz-Kreislauferkrankungen sind Mensch und Schwein sozusagen verschwistert. Statt ihm aber mit gebotener kollegialer Hochachtung zu begegnen, zieht der Mensch das Schwein gern durch den Schlamm: Verbalinjurien wie „Blöde Sau“ oder „Dreckschwein“ sind ebenso prominent wie volkstümlich. Der schlechte Ruf reicht bis zurück zur Antike, wo der griechische Halbgott Adonis vom wilden Eber zerrissen wird. Und die Operette versteigt sich sogar soweit, den Ruch des angeblich Dumpfen, Unkultivierten auf Menschen zu übertragen, die sich berufsbedingt mit Sus scrofa domestica beschäftigen: „Ja, dass Schreiben und das Lesen/ sind nie mein Fall gewesen/ denn schon von Kindesbeinen/ befass ich mich mit Schweinen!“, lässt Johann Strauss den Kálmán Zsupán im „Zigeunerbaron“ singen. Umso erfreuter waren wir über eine Meldung der chinesischen Zeitung „Xiaoxiang Morning Post“, die vom  Landwirt Huang Demin in der Provinz Hunan berichtete, der seinen Schweinen ermöglicht, täglich von einem drei Meter hohen Sprungturm in einen Teich springen. Endlich mal jemand, der dem Schwein mal was Gutes tut, dachten wir schon. Mussten dann aber weiter lesen, der tägliche Sprung diene nur dem besseren Geschmack, nicht dem Amusement der Tiere. Auf eine so abgebrühte Sauerei kommt wohl nur der Mensch!

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