Der Spezialdemokrat

Wir Wähler neigen dazu, von Politikern eben jene Vorzüge am lautesten einzufordern, an denen es uns selbst am meisten gebricht. Das kann nur zur Enttäuschung führen! Besser also, man erwartet nicht viel. Dann kann es sogar amüsieren, dass sich jemand als ranghöchsten Energiewender qualifiziert, weil er weiß, wo in der Küche der Lichtschalter ist; und die einzig erkennbare Kompetenz der Familienministerin darin besteht, dass sie eine Stimme hat, die Milch gerinnen lässt. Nicht anders bei Peer Steinbrück. Nachdem es SPD-Genetikern bislang nicht gelungen ist, im Keller-Labor unter der Berliner Parteizentrale in Petri-Schalen eine Kreuzung aus Willy-Brandt und Helmut Schmidt zu vermehren, muss sie – nach lustlosem Casting – für den Wahlkampf aufs Nordlicht zurückgreifen. Der Mann trägt (spätestens, seit er verkündete, niemals einen Pinot Noir unter fünf Euro zu kaufen) Spitznamen wie „Steer Peinbrück“ oder „Peer Saldo“ und gilt eher als Spezial- denn als Sozialdemokrat. Solch Kritik aber dünstet – in unserer Nase – den Schwefelstank der Scheinheiligkeit! Erstens: wer wünschte sich nicht, das längst ranzige Motto „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ zu verkehren, indem er für einen dreiviertelstündigen Monolog nie unter 7000 Euro kassiert? Zwotens – forderte er nicht uneigennützig, nicht etwa sein Gehalt, sondern die kümmerlichen Bezüge der Kanzlerin müssten steigen? Wie auch immer, vielleicht hat Steinbrück aufgrund solcher Sätze seinen größten Coup als Honorar-Redner gelandet: Wahrscheinlich zahlt im seine Partei bald Geld dafür, dass er gar nichts redet.

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