Arbeiter – erkenne deine Macht!

Das Lied mag alt sein, trotzdem darf man es dieser Tage endlich wieder mal mit allen Symptomen der Verzückung schmettern: „Mann der Arbeit, aufgewacht/ und erkenne deine Macht!/ Alle Räder stehen still/ wenn dein starker Arm es will!“ Nicht nur deshalb, weil des Proletarierdichters Georg Herweghs „Bundeslied“ heuer 150sten Geburtstag feiert. Sondern, weil dieser Tage ein offenbar wild entschlossenes Kollektiv aus Kirchenvertretern, Gewerkschaftlern, Politikern und Wissenschaftlern in einem offenen Brief die Einführung der 30-Stunden-Woche fordert. Das ist natürlich der Aufreger der Woche, und wir bekommen seither die Vision nicht mehr aus dem Kopf, wie Europas Arbeitgeberpräsidenten mit bebender Lippe schmerzvoll die Stirn in Falten werfen, als würde der Hausarzt gerade ein kürbisgroßes Klistier verabreichen. Für uns selbst dagegen ist „der Gedanke so plötzlich, so erheiternd und amüsant wie ein völlig Nackter, der plötzlich aus einer Gruppe angezogener Menschen hervortritt“, um mal einen Aphorismus Lichtenbergs zu zitieren. Offizielle Absicht hinter der Kampfschrift ist, die katastrophale Arbeitslosigkeit in Europa in den Griff zu kriegen. Aber unter uns – ein bisschen weniger Plackerei, und wir könnten unserem Dasein einige kreative Freizeitbeschäftigungen abringen: Kanarienvögeln das Sprechen beibringen etwa; oder an die Nordsee fahren und Chinesen bei Ebbe Bauland verkaufen; oder ausprobieren, wie lange man bei Hugendubel Bücher signieren kann, bevor einen die Security raus schmeißt. Also los, Arbeiter: Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten!

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