Mit Shakespeare am Boden

Lässt nicht schon Shakespeare, der weise Barde aus Straford, seinen Julius Caesar ausrufen: „Lasst dicke Männer um mich sein!“? Ob Männer oder Frauen, tatsächlich können wir uns auch 400 Jahre nach dem Dichter niemanden mit gewölbtem Bäuchlein (der Franzose nennt dies freundlich „Embonpoint“) vorstellen, der zugleich reizbar, fahrig wäre. Das sind Attribute allzu schlanker Leute um die 30. Über die fährt Caesar fort: „Der Cassius dort hat einen hohlen Blick; Er denkt zuviel: die Leute sind gefährlich …wär er nur fetter!“ Schlanke Ehrgeizlinge sind in der Regel um die 30. Sind dagegen erst die 45 – das Lebensalter legerer Nonchalance – angekratzt, darf man sich lässig in die eigene Speckumsessenheit zurücklehnen: Die Tyrannei jugendlicher Schlankheit? Überwunden – nach und nach wird sie vom Fleische überwallt! Ehrgeiz? Statt seiner tritt die gnädige Einsicht, dass Alles, was bisher nicht geschafft wurde, nun auch nicht mehr versucht werden muss. Freunde! Mitbürger!Fluggäste! In wessen fleischige Arme würdet Ihr euer Schicksal also besser legen als in die üppiger Stewardessen, in deren reife Trauben der Sommer eben letzte Süße schickte? Nun: Den Managern von Air India fehlt unser Enthusiasmus: Eben haben sie, so eine Meldung, zehn Stewardessen gefeuert, die sich geweigert hatten, abzunehmen. Bis zum Monatsende haben sich alle über 40-Jährigen zum medizinischen Test einzufinden, damit der Body Mass Index bestimmt werden kann. Wer durchfällt, muss abnehmen, künftig am Boden bleiben oder Gehaltseinbußen hinnehmen. Wir rufen: Indischer Manager: Lies endlich Shakespeare!

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