Eine Deutsche Festwoche

Schellenklappern, Posaunengedröhn, das Ineinander menschlicher Stimmen; warmer, erregender Festtagsdunst, ausgeatmet von Blumen, Wein, Speisen, Puder und festlich erhitzten Körpern; Herren in Fräcken, die sich zu dezent solariengebräunten Schultern phantastisch gewandeter Damen beugen, um ins perlenumsäumte Ohr hinab zu plaudern; endlich – das Orchester erbraust: Fassungsloser Sturm der Rhythmen. Betäubendes Toben. Trunkene Jubiläums-Gesänge; die Einsicht, dass des Todes Streiche die Ewigen nicht erreicht, mögen die Wellen der Jahrzehnte noch so wütend vor und zurückfluten! Moment – Sie werden doch wohl gerade nicht etwa an die SPD denken? Richtig, die feiert diese Woche zwar auch was Rundes, ihren 150ten Gründungstag  (23. Mai 1863). Aber wir dachten bei unserem Einstieg natürlich an einen ganz anderen Genossen (wenn auch keinen Sozen), der diese Woche am 22. Mai 200 Jahre alt geworden wäre. Obschon 130 Jahre tot, erfreut sich Richard Wagner einer derart aggressiven Vitalität, dass es Steinbrück, Nahles & Co wahrscheinlich gelben Neid ins Gesicht fräst. Denn In den Fugen des verwitterten SPD-Gemäuers sprießt schon reichlich Moos. Und die „Alte Tante“, wie man die Partei Ferdinand Lasalles und August Bebels auch gelegentlich nennt, schlingert in der Sonntagsfrage um die 29 Prozent herum. Die beiden Jubilare der Woche mögen also nicht unbedingt viel gemeinsam haben. Außer – nun, von Mark Twain stammt jener berüchtigte Satz, Wagners Musik sei gar nicht so schlecht, wie sie sich anhöre. Das mag für die Politik der SPD zwar auch gelten. Nur wird sie von Frau Merkel gemacht.

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