In den Schlingen des Wahlkampfs

Eigentlich würden wir diesen Ort gern Meldungen widmen, die schlicht zu schön sind, um sie einfach ins Plumpsklo der Nachrichtenredaktion hinunter zu spülen. „Zahnarzt zieht sieben Zähne zu viel“ etwa; oder: „Arm ab – Mann fährt selber in die Notaufnahme“. Leider geht das nicht, denn es herrscht bereits  Vorwahlkampf. Politikern schieben dieser Tage schneller Wahlversprechen hintereinander als ein Lämmchen mit dem Schwanz wackelt. So kündigt Angela Merkel an, nach der Wahl das Kindergeld anzuheben, eine Mietpreisbremse einzuführen und zusätzlich vier Milliarden Euro in den Bau von Straßen stecken. Die SPD? Sie lockt mit einer Frauenquote von 40 Prozent in Vorständen, einer Solidarrente von 850 Euro für Geringverdiener, einer Bürgerversicherung und einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte. Versprechungen, die unaufhörlich wie der derzeitige Regen aufweichend aufs Land prasseln. Beeindrucken muss einen das nicht, denn schon 2006 sagte Franz Müntefering (SPD), dass es unfair sei, Parteien nach der Wahl an ihren vorherigen Versprechungen zu messen. Nun scheint derlei zwar den ranzigen Schwefelstank der Lüge auszudünsten. Aber verdammenswert? Schon im Ersten Buch Mose erschleicht sich Jakob den Segen Isaaks durch mehrere unverschämte Lügen, und laut Nietzsche besteht der Unterschied zwischen Lüge und Wahrhaftigkeit darin, dass bei letzterem wenigstens nach festen Grundsätzen gelogen wird. Sei’s d’rum – falls dies hier überhaupt ein Volksvertreter liest, sei ihm gesagt: Einem guten Politiker verzeihen die Wähler alles – notfalls sogar die Wahrheit.

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