In den Mangroven

Es ist möglicherweise derzeit eine kleine Terz zu heiß im Lande. Auf den Mienen nichts als schwitzende Abwesenheit. Körper werden in labberigen Klamotten weichgekocht. Menschen schleppen sich mit der Zähigkeit von evolutionär tieferstehenden Wesen zu Eisdielen, um an der Theke festzustellen, dass auf dem Weg das nötige Hartgeld bereits in der Gesäßtasche geschmolzen ist.  Über allem dudelt der aktuelle Sommerhit klebrig-süß wie Hunde-Shampoo. Zwar wird allgemein behauptet, der Alte Fritz sei noch Gefreiter gewesen, als es das letzte Mal so heiß war. Jedoch ein Blick ins Kolumnenarchiv zeigt: Wir haben pünktlich jeden Sommer geschwitzt wie Eisbären im Mangrovensumpf. Was tun? Praktikanten und Volontäre sämtlicher deutscher Redaktionen werden alljährlich (im Tausch gegen vage Aussichten auf eine Festanstellung) dazu ermuntert, zumeist völlig ungeeignete „Zehn Tipps gegen die Hitze“ zusammen zu schludern. Das Niveau reicht über „Schlafanzug im Eisfach aufbewahren“ und „Schwimmbad“ selten hinaus, wobei gerade Letzteres absurd anmutet: Ein Schwimmbad mag gewiss der einzige Ort sein, an dem es ganzjährig Pilze gibt. Aber Abkühlung? Uns bleibt daher seriöser weise nur, den Lesern tagsüber zu so genannten „Indoor-Aktivitäten“ (also Knüpfarbeit, Makramee und Batik im Keller) zu raten. Rätselhaft bleibt, warum es noch kein Politiker fertig gebracht hat, bei dieser Hitze nach Zitrone duftende Erfrischungstücher zu reichen. Wo sie doch bei Dauerregen dauernd medial wirksam Sandsäcke schleppen! Wir finden die Frage so gut, dass wir sie hier nicht mit einer Antwort verderben wollen.

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