Komplott in der Küche

Uns treibt der üble Verdacht, Vorwahlkampf, NSA und Mainzer Hauptbahnhof sollen unsere Aufmerksamkeit ablenken. Denn die Erde, so wie wir sie kennen, wird von einer tückischen Spezies bedroht: Drosophila melanogaster, die wir im Weiteren nur Fruchtfliege nennen. Ihre sinistren Weltbeherrschungspläne entwirft sie von unsrer Küche aus, wo sie derzeit jedes Kernhaus, jedes Fitzelchen Zwiebelhaut, jeden Tomatenstielansatz binnen Momenten zu einem eiternden, schwirrenden Gelege mutieren lässt. Menschen von Anstand meiden Blickkontakt. Denn das Insekt ist permanent geschäftig, einer enthemmten, rabiaten, ja: viehischen Libido zu frönen, die sogar einen Marquis de Sade neidisch machte. Zur unserer Missachtung ihr gegenüber trägt nicht wenig bei, dass die Fruchtfliege mit – sagen wir – recht schematischen Geistesgaben ausgestattet ist: Wenn man zu nah am Ort ihrer Orgien vorbeistreift, sprüht sie nicht etwa auf wie ein Geysir. Eher blubbert, eiert und trudelt sie aus dem Biomüll. Oder sie schwankt, schlenkert und wedelt wie weiland Boris Jelzin nach dem elften Vodka. Und landet immer wieder an der Theke. Dieser melodramatische Hokuspokus macht die Fruchtfliege geradezu verhasst. Sie glaubt offenbar, der banale Trick sei intelligent genug, dass wir drauf reinfallen. Und binnen Sekunden sitzt sie wieder kopulierend auf dem Kernhaus. Was tun? Biomüll einfrieren oder vakuumieren – zu umständlich. Ein Glas Rotwein mit einem Tropfen Spüli zur Falle machen? Schade um den Wein! Wir versuchen es jetzt mit Haarspray und einem Feuerzeug. Aber vorher erhöhen wir die Hausratsversicherung.

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