Ans Eingemachte

Ein Blick in Museen dieser Welt zeigt – nur wahrhaft Nutzloses ist es wert, aufgehoben zu werden. Eine Erkenntnis, die den ortsüblichen Brauch, uns gegenseitig nach dem Ableben in engen Särgen unter die Erde zu pferchen und dann zu vergessen, doch sehr in Frage stellt! Hätte es dagegen nicht eine – sagen wir: großporige Ironie, unsre Nachgebliebenen würden uns, statt in unserem Lieblingsanzug zu beerdigen, in unserem Lieblingsgetränk konservieren? Einerseits würde die Methode ein nicht unerhebliches Droh-Potential gegenüber Kartell bildenden Bestatter-Gilden entfalten. Zweitens wäre Unsterblichkeit fürderhin nicht länger eine Gunst, die einem bislang allenfalls zufallen kann. Sondern ein Zustand, den man zu Lebzeiten durch Hortung hochprozentiger Alkoholika sicherstellt. Freunde der Seekriegs-Literatur denken vielleicht an Horatio Nelson, der nach seinem Tod bei Trafalgar in einem Fass Whisky zum Staatsbegräbnis geschippert wurde. Aber damals ging es eher um ein Transportproblem, wohingegen folgende Geschichte mehr Entschlossenheit offenbart: Laut einer Meldung der „Georgia News“ konserviert die Georgierin Tsiuri Kvaratskhelia seit nun 18 Jahren ihren toten Sohn Juri mittels Wodka in einem Sarg im Keller. Angeblich, um durch das Sichtfenster am Kopfende dem Enkel zeigen zu können, was für ein Mann sein Vater war. Eine Form des Ahnenkultes, die sich von der im Moskauer Lenin-Mausoleum zelebrierten womöglich unterscheidet. Denn wie Lenins eingemachter Leib zeigt: mancher Leichnam wird nur deswegen öffentlich konserviert, damit er nicht heimlich wieder kehren kann.

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