Geschenk-Mumpitz

Es begab sich aber zu der Zeit, da zogen sich Inka-Könige einmal jährlich zur Feier der Sonnenwende eine Dornen-bewehrte Schnur durch die Zunge. Das war schmerzhaft und machte keinen Sinn; war aber irgendwie dekorativ, wie mittelamerikanische Reliefs heute noch zeigen. Was das mit unserem drohend herangrollenden Weihnachtsfest zu tun hat? Tja – kaum weniger schmerzhaft-sinnfrei ist das, was als Geschenk-Idee in ganz bestimmten Ladenketten liegt. Deren Management lässt periodisch zur Sonnenwende lustlos zusammen frittierten Deko-Schrott von oben auf die Massen prasseln. Und die Massen, so scheint’s, kaufen um ihr Leben. Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang gerne von der Tchiboisierung der Gesellschaft. Rechtzeitig vorm Fest bläht man ungesunde Winde in Designer-Hirne, woraufhin deren Hirnwasser in gärende Fäulnis übergeht und nutzlosen Krimskrams ersinnen. Ganz früher waren es Käthe-Kruse-Puppen. Dann ergossen sich imposant schwellende, allen Schönheitssinn in Frage stellende Zimmerspringbrunnen silbrig funkelnd in die gute Stube. Und jetzt sind eckige Glasschalen en vogue, in denen bunte, runde  Glassteine psychedelisch gefärbte Kerzen umschließen. Männer, die so etwas geschenkt bekommen, verlieren im Moment des Auspackens wahrscheinlich ihre geschlechtliche Identität. Die wohl einzig angemessene Art, beim Auspacken zu reagieren, ist, den Schenker zu fragen, womit man ihn denn im vergangenen Jahr beleidigt habe. Aber da uns sehr daran liegt, nicht nur zu nörgeln, sondern Lösungen aufzuzeigen: Mit einem Bentley als Geschenk liegt man eigentlich nie falsch.

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