Der freudlose Landmann

Wir widmen diese Stelle heute dem kostbarsten aller Bodenschätze – dem deutschen Landwirt. Er, die Bäuerin und zehn bis zwölf stramme, pausbäckige Rangen galten einst als Urbesetzung des deutschen Milch-und-Boden-Mythos. Heute jedoch? Jeder Hof eine Eremitage, dessen einsamer Bewohner des Nachts eine Passeance nach der anderen legt, statt sich nach entsagungsvollem Arbeitstag mit der Bäuerin zu paaren. Dabei gäbe es erntereife Landwirte genug! Aber die Weiber, die spielen Catenaccio, lassen seine blutvollen Lockrufe ungehört über die Ackerscholle wehen. Kein beutelüsterner Blick, der gnädig auf ihn fiele. Denn die engherzige deutsche Frau – offenbar vom Zeitgeist chloroformiert – lässt den Landmann brachliegen und wendet sich lieber blutarmen Landärzten, Werbefuzzis, Sportlern zu; wirft sich in die Arme leichtfertiger Bonvivants; zieht mit Flaneuren um die Häuser. „Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit“, möchte man zum Trost mit Wolf Biermann singen. Aber statt via „Bauer sucht Frau“ und ähnlichem Boulevard-Mist Bittgebete Richtung Damenwelt zu richten, hat einer jetzt gehandelt: Roland Geiger aus dem schwäbischen Freiberg am Neckar hat einen Hof, 20 Hektar Land und einige Trecker. Was fehlt? „Ohne Frau geht es nicht“, sagt der 56-Jährige. „So kann ich den Betrieb auf Dauer nicht mehr führen.“ Weswegen an seiner Hauswand ein Plakat lockt: „Bauer ohne Viehhaltung sucht Frau.“ Bislang ohne Erfolg. Wir setzen unsre Hoffnungen eher auf die viel gescholtene Gentechnik – vielleicht gelingt es, die letzten frei lebenden Landwirte durch Zellteilung zu vermehren.

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