Kultivierter Spender

„Dumme schreiben ihren Erfolg gerne jenen Tugenden zu, die sie garnicht haben“, schrieb schon la Rouchefoucault. Da Erfolg heutzutage ausnahmslos in Reichtum gemessen wird, halten Dumme eben diesen als Beweis überragender Begabung. Deswegen wird von ihnen sämtlicher mit Geld käuflicher Status (etwa Autos, groß wie Kathedralen) aus allen Ecken herangeschleift, aufgeschichtet und in frivolen Pirouetten umtanzt. Aber wehe, wenn Snobs dann doch ein paar Groschen guten Zwecken zuführen! So genannte Charity-Veranstaltungen dienen in erster Linie dazu, sich öffentlich mit dem schillernden Ornat feudaler Großmut zu behängen, um eigene Minderwertigkeitskomplexe zu verbergen.  Aber: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Reich Gottes kommt,“ dröhnt es bei Matthäus 19, Vers 24 in biblischer Wucht. Womöglich aus diesen Einsichten heraus versteckt seit Kurzem ein Unbekannter in San Francisco auf Baustellen, unter Parkbänken, selbst in Plattenläden Briefumschläge mit je 100 Dollar darin. Wo genau sie zu finden sind, postet er auf seinem Twitter-Account @HiddenCash. Bei dieser Schnitzeljagd hat er bisher 5000 Dollar versteckt. Hunderttausende sollen folgen, ließ er anonym das US-Magazin „People“ wissen. Nur so viel teilte er mit: Er sei ein Immobilienmakler, der in den letzten Jahren viele Millionen verdiente, „mehr, als ich mir jemals erträumt habe“. Was wir daraus lernen? Nun – man muss schon Milliarden erwuchern, um es bis auf „www.eoborucki.de“ zu schaffen. Dergleichen glückt hingegen spielend, wenn man sich stilsicher ein paar Tausendern entäußert.

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