Zimmer frei!

Zum Einstieg ein kleines Rätsel: Wie nennt man jene Institution, die beim Menschen den Eindruck völliger Einflusslosigkeit und Ausgeliefertseins auslöst? Nein, es ist nicht das deutsche Fernsehprogramm – sondern das Gefängnis! Wer gerade nicht darin logiert, in dem weckt die Vorstellung womöglich sogar einen gewissen gruseligen Kitzel. Besonders, wenn man an so berühmte Haftanstalten denkt wie Alcatraz oder Sing-Sing. Beinahe romantisch dagegen flimmern uns aus der Geschichte Kerker wie die Bastille in Paris oder der Hohenasperg bei Ludwigsburg entgegen, wo Dichter wie der Marquis de Sade oder Christian Friedrich Daniel Schubart schmachteten. In Wirklichkeit ist der Alltag in so einem Knast allenfalls so prickelnd wie ein abgestandenes Jever-Fun nach einer Ministranten-Feier. Aber das bremst Kriminelle bekanntlich nicht, wenigstens nicht in Norwegen: Hoch im Norden platzen die Haftanstalten dieser Tage derart aus den Nähten, dass sich rund 1300 Verurteilte länger als drei Monate gedulden müssen, bis im Kittchen ein Zimmer frei wird. Ein Umstand, der wiederum den Niederländern gelegen kommt: sie haben 1500 freie Haftplätze. Gegen Miete würden sie den Norwegern Platz überlassen und sogar Wachpersonal stellen. Aber es gibt eine Menge offener Fragen: Wie löst man das Entfernungsproblem bei Verwandtenbesuch? In welcher Sprache beschimpfen sich Wärter und Häftling? Und – ist das Essen auch norwegisch genug? Wir raten also dringend: Sollten Sie demnächst vor einem norwegischen Gericht die Wahl bekommen zwischen zehn Tagen Haft oder 1000 Euro – nehmen Sie das Geld!

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