Der Duft der Krise

Die Wirtschaftskrise hat ein anrüchiges Aroma; und das ist, wie neueste Daten ruchbar machten, männlich-herb: Bei Herrendüften hat die Parfum-Industrie 2009 ein Minus eingefahren, das der Branche stinken dürfte (pardon, das musste sein) – grelle sieben Prozent! Was der Grund ist und ob die Männerwelt sich tatsächlich entschlossen hat, in der Krise ein eher erdig-mittelalterliches Bukett (Schweiss, Leder und Urin, auch „Eau de Müff“ genannt) auszudünsten – es lässt uns spekulieren: Vielleicht ist der Schwund nur Reaktion auf allzu blumige Exzesse vergangener Jahre; gerade Herren in straff vertikaler Hierarchie neigten nämlich dazu, ihr Revier mittels Bulgari, Shiseido oder Davidoff so scharf wie inbrünstig zu markieren. Folglich rochen selbst lässig geschüttelte Hände noch monatelang nach Vendetta, Cool Water oder schlicht Moschus-Franzbranntwein. Insofern wäre haushälterischer Verbrauch nur die überfällige Reaktion auf Benommenheit und Ohnmachtsanfälle der Umgebung. Vielleicht ist alles aber auch ganz anders; vielleicht wittert der Mann in der Krise wieder, dass die Welt sich im Grunde nur um ein Parfum dreht, so betörend, dass nicht einmal alle Wohlgerüche des Orients dagegen anstinken können – der Duft druckfrischer Eintausender.

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