Der Shit-storm und der Nikolaus

Wenn einem der Doktortitel aberkannt wird, ist das unerquicklich. Auch in einen Asteroidenschwarm zu geraten – lästig. Aber nichts an Unbill lässt sich vergleichen mit Weihnachten ohne Nikolaus! Eine Katastrophe – und zwar nicht nur, weil in Zeiten von überführten Doping-Sportlern kommerziell nutzbare menschliche Werbeflächen dahinschrumpfen. Trotzdem wird auch in diesem Ressort der klare Nektar des Guten, Schönen, Baren oft trübe vom Zusatz kommerzieller Interessen. Das Berliner „Kauhaus des Westens“, kurz KDW, hat sich von seinem langjährigen Weihnachtsmann Peter Georgi getrennt. Der 72-Jährige habe nicht mehr die Kondition für den jährlichen Besucheransturm, so die Überzeugung der Direktion, die offenbar schon jüngeres Personal im Auge hat. Arbeitsrechtlich mag die Sache unangreifbar sein. Aber das Internet, stets oszillierend zwischen Langeweile und Empörung, hat per „Shit-storm“ die sofortige Wiedereinstellung von Georgi gefordert. Über 1000 Online-Unterschriften, sogar aus Brasilien, stehen unter der Forderung, dem alten, in 13 Vorweihnachtskampagnen ergrauten Kommerz-Schlachtross weitere Jahre des Gnadenbrotes zu gewähren. Nun, liebes KDW: Erstens ist Hartherzigkeit unmittelbar vorm Fest der Liebe kommerzielles Harakiri; zweitens ist es immer blöd, einen Fehler zu machen; drittens aber wird es stets erst richtig peinlich, wenn andere davon profitieren. Dank der Publicity wird der 72-jährige demnächst beim Hamburger Zirkus Roncalli sowie den Weihnachtsmärkten am Berliner Gendarmenmarkt und den Potsdamer Arkaden für brummenden Umsatz sorgen.

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