Die böse Kellnerin

Das Faberge-Ei unter den Meldungen der letzten Zeit? Laut kanadischer Polizei hat kürzlich ein 35-jähriger Gast der Kellnerin ein nicht eben knauseriges Trinkgeld geben wollen. Eigentlich hatte er in einer Kneipe in Barrie (etwas nördlich von Toronto) nur ein Sandwich zu sieben Dollar zu zahlen. Per Kreditkarte versuchte der Gast jedoch, eine Summe von insgesamt 98 939 Dollar gutschreiben zu lassen, was in etwa dem Bruttosozialprodukt von Somalia entsprechen dürfte. Hierzulande kennen wir solch auffällige Bewirtungsaufschläge allenfalls aus dem Wirtshaus im Spessart. Und als Trinkgeld scheint die Summe wohldosiert wie ein reissender Gebirgsbach. Aber so recht will uns trotzdem nicht einleuchten, warum nun unbedingt gleich der Wachtmeister Dimpflmoser herbeigerufen werden musste! Und warum die Beamten den Mann in Gewahrsam nahmen, bleibt ebenfalls im Trüben. Sicherlich: eine – sagen wir – klein wenig freizügige Ausübung des Eigentumsrechts gilt mancherorts als unschicklich. Und zugegeben: laut Ermittlungen war der Gast alkoholbedingt von allerbester Laune. Aber sperrt man jemanden gleich in die Ausnüchterungszelle, nur weil er sich weigert, sein Eigentumsrecht auf die konventionelle, spröde Art auszuüben? Jedenfalls wäre es anschließend sicher unterhaltsamer gewesen, mit dem 35-Jährigen die Nacht in der Ausnüchterungszelle zu feiern, als sie mit jener Bardame zuzubringen, die bei jeder Kleinigkeit gleich nach den Gendarmen schreit. Damit die Geschichte aber dennoch wie im Märchen ausgeht: Die böse Kellnerin aber bekam am Ende gar kein Trinkgeld.

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