Whiskey auf dem Eis

Die Geschichte hat wieder mal zwei mythische Stoffe zusammen geschüttet

Eine versteckte Meldung zwingt uns, heute an ein von Legenden umdünstetes Geschenk des Himmels zu erinnern; fähig, Helden zu schmieden: Whiskey, oder authentisch: „uisca beatha“ (Wasser des Lebens); Es ist fähig, seine schottischen Erfinder derart zu stählen, dass die sich freiwillig Röcke anziehen und stoisch den Klang des Dudelsacks hinnehmen. Bis heute suchen Menschen in heroischen Selbstversuchen die Antwort aus der Frage zu destillieren, wie viel Whiskey täglich das Idealmaß eines glücklichen Lebens ist. Der Whiskey – ein Unikat; er führte zu kuriosen Ereignissen, etwa der „Whiskey-Revolte“ von 1794, die mit der einzigen Schlacht endete, in der ein amtierender US-Präsidenten (George Washington) befehligte; und er ermöglichte es dem Dichter Dylan Thomas mit seinen letzten Worten: „16 Glas Whiskey – Donnerwetter, das dürfte der Rekord sein!“ berühmt zu werden. Trotzdem – es gibt noch Mythischeres als Whiskey, und das stammt vom Urbeginn der Zeit, als das Wasser lernte, sich ein glitzerndes Kostüm zuzulegen: das Eis. Ein durch und durch janusköpfiges Material, dass dem Menschen ebenso ermöglicht, auf schmalen Kufen elegant dahin zu gleiten wie höchst unbeholfen auf die Fresse zu fliegen. Und nicht nur Whiskey, auch Eis verursachte eine militärische Kuriosität, nämlich der Schlacht bei Den Helder 1795: Es ist die einzige Seeschlacht der Weltgeschichte, bei der dank Eis auf der Nordsee eine Flotte (holländisch) von einer Kavallerieeinheit (französisch) geschlagen wurde. Aber auch tragische Helden trägt das Eis, zum Beispiel Sir Francis Bacon: Der Begründer des Empirismus, legte im Winter 1626 ein frisch geschlachtetes Huhn ins Eis, grub es Tage später aus und aß es souverän, um der Welt zu beweisen, dass Kälte die Verwesung aufhält. Ein paar Tage später war Sir Francis tot, obwohl er recht hatte; aber er hatte sich bei Eingrab-Ausgrab-Aktion im Freien eine tödliche Lungenentzündung zugezogen. Eis und Whiskey sind offenbar zwei Stoffe, wahrhaft würdig, sie ineinander zu schütten. Dass man aber – statt Eis in den Drink, auch den Drink ins Eis kippen kann, war neu, bewiesen hat sie kürzlich eine Polarexpedition, die dort mehrere Kisten Whiskey aus dem Eis bohrte. Die musste 1909 der britische Entdecker Ernest Shakleton dort liegen lassen. Seine Expedition galt als gescheitert, aber der Fund zeigt, dass dies Auffassungssache ist; denn der mit 100 Jahren gut abgelagerte Whiskey gilt unter Sammlern und Trinkern schon jetzt als „ein Geschenk des Himmels“.

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