Panik im November

Geschenke-Suchen ist unangenehm wie ein nässendes Ekzem – wir leiden mit!

Es ist jedes Jahr das Gleiche – bis tief in den September konnten wir jenes erste, sorgenvolle Vorgefühl ebenso flott wie spielerisch ausmanövrieren. Ab Mitte Oktober aber schwoll der Druck im Stausee der Gedanken jäh an, die Dämme zeigten erste Risse. Nun, Ende November, haben wir reinrassigste Schiss! Alpdrücke der Nacht stülpen sich im Erwachen sockengleich um zu Angst-Attacken des Tages, kurz: es gärt panisch in den Eingeweiden, wenn wir an Weihnachtsgeschenke nur denken. Warum eigentlich? Sollte es angesichts schwellend überladener Warenlager des Spätkapitalismus nicht eine narrensichere Zeremonie sein, jene vorweihnachtliche Verrichtung minutenschnell zu erledigen? Stattdessen diagnostizieren wir, wenn wir dieser Tage (aus rein professioneller Neugier, versteht sich) die Deko-Läden und Geschenke-Boutiquen der Innenstadt unserem Kontrollgang unterziehen, nichts als memmenhafte Kleinmut in den Augen unserer Nebenmenschen. Ehe bei Einigen die Beklemmung bis Mitte Dezember schwül ins Wahnhafte sich potenziert: Wir, die Geschenke-Suchenden, sind unschuldig! Schuld sind das undankbare Pack der Geschenke-Empfänger, dass sich aus zwei Gründen nicht wundern braucht, wenn es alljährlich nur Deko-Schalen, Badesalz oder schlechte Romane unterm Baum findet: Entweder haben diese Leute nämlich schlicht alles außer genug Deko-Schalen, Bade-Essenzen oder literarischen Schund. Oder sie gehören nicht zur raren Spezies interessanter, facettenreicher Persönlichkeiten, die einfallsreichere Weihnachtsgaben rechtfertigten als Deko-Schalen, Badezusätze oder zu Romanen geronnenem Auswurf. Doch wir wollen versöhnen, nicht spalten, und schlagen daher einige nicht völlig reizarme Alternativen vor, die wir dieser Tage (aus rein professioneller Neugier, versteht sich) im Internet auffanden: Da wäre zunächst das Fernbedienungskissen (www.ausgefallene-ideen.com), das man genauso bedient wie die gewohnte Fernbedienung, mit dem schönen Unterschied, dass man Kissen weniger leicht verlegt. Und wenn schon Badezusätze, warum dann nicht „gelli baff“, ein Pulver, das 40 Liter Badewasser mühelos in rosafarbenen Schleim verwandelt (www.racheshop.de, Packung enthält ein Gegenmittel). Last, but not least, wäre da noch die so genannte „Sensor can“ (www.ausgefallene-ideen.com). Stellt man sich vor sie und hält Müll in die richtige Höhe, öffnet sich die Tonne und schluckt bereitwillig all die Deko-Schalen, Badekugeln und das windige Romangeschreibsel, dass einem die anderen schenken.

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