Hochzeits-Herdentrieb

Stets gleichen sich die Bilder: Kaum steht eine Fürstenhochzeit an, versichern uns allerlei speichelleckende Hofberichterstatter, der normale Mediennutzer von heute nässe sich bereits Tage vor dem eigentlichen Vorgang ein vor Erwartungsfreude, die gewöhnliche Mediennutzerin erleide Sturzgeburten und Ähnliches vor schierer Begeisterung. Wir, die derlei Ekstase nicht empfinden, dürfen immerhin hoffen, mit dem Monaco-Wochenende unser jährliches Quantum an frivolem Fürsten-Herumgeheirate abgearbeitet zu haben. Aber ein bisschen Nachtreten wollen wir doch noch: Nicht etwa, weil die gesamte Feierlichkeit samt Kostümen wieder einmal mit dem Geschmack eines reichgewordenen Gammelfleisch-Händlers ausgestattet schien! Nicht etwa, weil der Treueschwur des Prinzen in einer schreienden Dissonanz zu seinem – sagen wir: pikanten – Vorleben steht! Nicht etwa, weil die Realität einer landläufigen Mann-Frau-Hölle durch einen gähnenden, brückenlosen Abgrund gespalten ist von solchen Fürstenhochzeiten, die alle aussehen, als seien sie von der Rosamunde-Pilcher-Merchandise-Abteilung geplant worden! Nein – die wahrhaftige Triebfeder unseres Genörgels rührt daher, dass hierzulande die Hochzeit des Oberhauptes eines Mini-Staates mitgefeiert wird, das einer erstaunlichen Anzahl deutscher Einkommensmillionäre die Möglichkeit bietet, durch Steuerflucht eine Schneise der Verwüstung in den Staatshaushalt zu schlagen. Irgendwie ein bisschen dämlich von uns, oder?

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