Vergaloppiert

All unsere gesammelte sympathie, unsere ungekürzte solidarische anteilnahme galt vergangene Woche den Kollegen jener renommierten Tageszeitung mit den vier Buchstaben. Obgleich sonst dafür geschätzt, von des Tages Einerlei in feinnerviger Sensibilität einzig das zu erwähnen, was davon sich innerhalb der Gemarkung des Schicklichen vermelden lässt, musste man dort donnerstags empört einleiten: „Dieser BILD-Bericht ist schwer aufzuschreiben. Er spielt auf einer Pferdeweide am Hamburger Stadtrand und lässt uns schaudernd in den Abgrund der menschlichen Sexualität blicken.“ Dies Donnerwort – für die weitere Lektüre ließ es bange Leser Schlimmstes argwöhnen! Im Morgengrauen habe Pferdebesitzerin Anna B. (30) auf der Koppel zwei Herren angetroffen, die sich mittels eines zweckentfremdeten Sitzmöbels dem dort friedvoll weidenden Wallach Tosan (16) angenähert hatten. Ausweislich heruntergelassener Hosen verfolgten sie ein ruchloses Projekt, was auch der Fakt, dass einer Frack trug, nicht lindern kann. Von Anna B. zur Rede gestellt, flüchtete das Duo. Und zwar „seltsam tänzelnd“, eine leere Vodka-Flasche hinterlassend. Bevor Volkes Stimme stracks die Todesstrafe fordert: Der „Alte Fritz“ kritzelte in einem ähnlichen Fall neben das Todesurteil über einen Kavalleristen nur knapp: „Begnadigen! Das Schwein soll zur Infanterie!“

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