Du sollst nicht flöten!

Komisch – immer, wenn in der Fußgängerzone ein Dudelsack ertönt, wird für Passanten hörbar, wie wenig zuträglich den Schotten ihr Inseldasein ist. Aber auch andere aufdringlich-plumpe Instrumente werden in Innenstädten unbarmherzig zur Waffe gemacht: Der Blockflöte etwa kann man nicht einmal unter zwei Meter dickem Stahlbeton einer Tiefgarage entgehen, ihr niederträchtiges Fiepen durchschneidet solche Materialien wie weiche Butter. Wie das auf ein vergleichsweise feines, verletzliches Gewebe wie unser Gehirn wirkt, möchten wir uns gar nicht so genau ausmalen. Das Dum-dum-Geschoss unter den Straßenmusik-Instrumenten aber ist das Akkordeon, das der Volksmund verräterischerweise „Quetschkommode“ nennt. Es führt bei sensiblen Passanten zu kaum mehr behandelbaren Nervenschocks. Und heißt es nicht schon irgendwo im Alten Testament: „Den Stehgeiger aber sollst du nicht am Leben lassen, seine Fiedel aber sollt ihr steinigen“? Die Einführung des Amtes eines Fußgängerzonen-Mediators sollte jedenfalls dringend einmal überdacht werden, einstweilen helfen wir uns mit einem Vierzeiler von Robert Gernhard: „Was mich tröstet? Die Musik/ dieser Welt von Bach bis Griegk./ Sie versöhnt mich mit dem Krach/ der Musik von Griegk bis Bach.“

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