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Wie Mode funktioniert
Die Welt hat doch eigentlich genug offene Baustellen – muss man sich da tatsächlich auch noch mit Mode rumschlagen? Man muss! Denn der Grund für ihren steten Wechsel ist nur allzu durchschaubar: Textilien sind aus Sicht der Textil-Industrie so unerwünscht langlebig, so widerständig zäh, unliebsam robust, dass man den Menschen ständig neue Anreize geben muss, neue zu kaufen. Und dabei wird leider unser aller lebenslange Suche nach Identität schamlos ausgenutzt. Mädchen etwa kaufen erst noch Kuscheltiere, dann pinke Tagebücher, bis endlich die H&M-Zara-Esprit-Zeit anbricht. Jungs dagegen beginnen von einem Tag auf den anderen nach Puma zu riechen, versuchen ab da möglichst viele möglichst obszöne Kraftausdrücke mit möglichst tiefer Stimme von sich zu geben und kaufen sich schließlich Baseball-Kappen und Hosen, die im Schritt derart durchhängen, dass man meinen könnte, ihr Träger habe gerade …, nun sagen wir mal so: Dagegen anzurennen gleicht in etwa dem Versuch, die Niagarafälle mit der bloßen Hand zu stoppen. Wir wollen nur angesichts dessen, was auch immer einem derzeit wieder als neuester Trend angepriesen wird, alle, die ihn willig mitmachen, an das gute, alte Arschgeweih-Tatoo erinnern. Die ersten, die sich so was stechen ließen, wurden belächelt. Dann wurde es unverzichtbares Accessoire zu zu kurzen Hemden oder Hosen, die zu tief saßen. Heute enttarnen sie ihren Träger nur noch als peinlichen Vertreter des Prekariats. Genau das zeigt, wie Mode funktioniert. Was gestern hässlich war, ist heute schön. Ab morgen wird es unerträglich sein.