Rage against the machine!

Die Geschichte nennt zu Hauf Beispiele kollektiver Tobsucht. Die antiken Römer etwa dichteten nach zwei, drei wenig erfreulichen Begegnungen dem Deutschen generell einen störenden Hang  zu mitleidloser, selbstvergessener Raserei an. Woraus das bis heute in Blüte befindliche Schlagwort vom „Furor teutonicus“ erwuchs. Blinder Jähzorn wird aber auch Attilas Horden, den Vandalen oder den Wikingern attestiert. Und immer richtete sich Gewalt auch gegen Abbilder, denken wir an Stalin-Büsten oder Saddam-Standbilder. Die jüngste Form der Tobsucht betrifft Maschinen: Englische Textilarbeiter, so genannte „Ludditen“, zerstörten Anfang des 19. Jahrhunderts in England die aufkommenden Baumwollmaschinen, die sie als Konkurrenz empfanden. Und in Frankreich warfen zur selben Zeit Landarbeiter mal gerne ihre Holzpantinen, die „Sabots“, in die modernen Mähmaschinen. Seither glomm leider kein neues Alpenglühn mehr am Nachthimmel der Destruktivität. Aber nun hat eine junge Chinesin mit zarter, doch kundiger Hand zugeschlagen: Wie der Fernsehsender Phoenix aus Hongkong zeigt, hat die Frau im Nu einen Geldautomaten in einem Einkaufszentrum in Dongguan mit leidenschaftlicher Heftigkeit aufgebrochen wie einen Hirsch, das Ganze aufgespreizt, ausgeweidet, die Innereien herausgedreht und das Ding komplett zerlegt wie ein Hühnchen. Eins zu Null im Match Mensch gegen Maschine!, wollten wir schon jubeln. Aber dann steckte statt Tobsucht nur Besitzgier dahinter – die Frau wollte sich nicht damit zufrieden geben, dass der Automat die geschluckte Karte nicht mehr ausspucken wollte.

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