Vondrak, Vortel, Viplaschil …

Wienern darf man in punkto Namenswahl niemals trauen!

In biblischen Zeiten waren die Dinge überschaubar. So heißt es bei Lukas 1, 31: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen.“ Nicht Leon, Kevin, Maurice-Eugene – sondern schlicht Jesus! Maria hatte es einfach, denn wer heute ein Kindlein zu benennen hat, dem macht kein Engel unzweideutige Vorgaben. Und so ist heute die Namenswahl nicht länger stolzes Vorrecht, sondern zur garstigen Qual verkommen. Zumal aus unerfindlichen Gründen keine heutige Mutter auf den Einfall käme, ihren Sohn einfach Jesus zu nennen (außer in Südamerika, wo der Name so gang und gäbe ist, dass sich keiner wundert, wenn am Heiligabend ein „Herr Jesus“ klingelt, um den Boiler zu reparieren). Zugegeben, die Heilige Jungfrau hatte es auch ohne Engel einfacher: Der Knabe in der Krippe hatte schlicht keinen Nachnamen, der den Vornamen hätte verschandeln können. Die kamen erst mit dem Mittelalter auf. Heute ist das anders und leider – in Dreiteufelsnamen! – dadurch verzwickter. Zum Beleg ein rascher Blick auf die Nachnamen eines x-beliebigen Nachbarlandes, sagen wir: Österreichs. Österreich wird von Deutschland durch die gemeinsame Sprache getrennt, und die Österreichische Nachnamens-Vielfalt klingt jedem im Ohr, der je Georg Kreislers „Telefonbuchpolka“ gehört hat, weil allein unterm Buchstaben „Vau“ so kakophone Namen vereint sind wie: „Vondrak, Vortel, Viplaschil/ Voytech, Vozzek, Vimladil/ Viora, Vrabel, Vrtilek/ Viglasch, Vrazzeck, Vichnalek. . .“ Nun, das löst aufs erste Hinhören nicht allein die Frage aus, welcher Vorname sich damit harmonisieren ließe („Jesus“ vielleicht am allerwenigsten); sondern ob man unter solchen Umständen überhaupt noch einen Vornamen haben mag. Aber der Österreicher ist ja für seine Fähigkeit, sich mit Unerfreulichem arrangieren zu können, schon beinahe berüchtigt. Und so hat er sich selbst ein paar Vornamen dazu erfunden, die gut hinhauen, ja – mehr als das: die zu perlend wohlklingenden Verschmelzungen mit diesen Nachnamen führen! Attila, Dolferl, Heimito, Wastl, Sepperl, Toni, Fritzi, Beppi, Franzl, Bohumil… Die Welt dürfte also Großes erwarten, als dieser Tage ein Kindlein – genauer: ein Panda-Baby – im Wiener Zoo geboren ward und die Wiener per Mehrheit den Namen des kleinen Täuflings bestimmen dürften. Und siehe, sie nannten ihn – Fu Hu! Das ist chinesisch und heißt so viel wie „Glücklicher Tiger“. Tja – was soll man da sagen? Trösten wir uns, dass wenigstens vor 2010 Jahren kein Wiener dabeistand.

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