Platt, platter, Holland

Neben dem Geschlechtstrieb ist die Manie, Utopisches auszubrüten, der mächtigste Impuls im Menschen. Bei uns selbst mag letzteres als leises Gedankenrauschen – wie silbriges Pappellaub im Wind – hörbar sein. Im Holländer aber, da heulen die Dämonen! Als Beweis zitierten unsere Gewährsleute (für heute!), die Kollegen der „Welt“, jüngst: „Het was een grapje!“ – es war nur ein Witz! Thijs Zonneveld, einst Profiradrennfahrer und heute Sportjournalist, meinte damit seine Vision, in Holland einen 2000 Meter hohen Berg für Skifahrer, Wanderer und Mountainbiker aufzuschütten. Ein Superwitz, ja, ja! Und zudem klingt er wie ein dissonanter Trompetenstoß wider jeden gesunden Menschenverstand. Aber: Ist die Welt erst einmal mit einer Idee infiziert… Seitdem jedenfalls rauscht es sturmböenartig im Blätterwald der Heimat des Käses und der Tulpen. Ein engagierter Standort-Vorschlag, eine couragierte Bergbau-Taktik jagt medial die nächste, noch tollkühnere. Aber bevor wir uns anstecken, vielleicht gar Visionen haben, in denen Reinhold Messner hoch oben in der unbezwingbaren Nordwand des Mount Gouda in den Seilen hängt, während der imponierende Schatten des kolossalen holländische Kondor über ihm Kreise zieht, immer auf der Suche nach einem Stückchen verendeten „Den Haager“ (dem künftig holländischen Pendant zum Bernhardiner), kommen wir besser zurück zum Planeten Erde. Denn die Veredelung der umgebenden holländisch-plattenTopographie spiegelt zwar einen beneidenswerten Hang zu kapriziöser Extravaganz. Nur kostet so ein Berg so viel wie zwei Griechenland-Rettungspakete, wie im Rechnen offenbar gewandte Medien errechneten. Insofern, liebe Holländer, raten wir zu dem, was sich schon Baudelaire, als Franzose immerhin Mitglied jener Nation, in deren Grenzen mit dem Mont Blanc (4810 m) der höchste Berg der EU liegt, zur Inschrift auf den Grabstein wünschte: Wozu ausführen, wenn zu planen schon so schön war!

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