Olympias wahre Helden

Im Pantheon der Geschichte ist noch eine Nische frei. Sie wartet auf die Marmorbüste eines der tapfersten Helden der Gegenwart  – des Londoner Taxifahrers! 25000 Straßen soll es allein um Charing Cross herum geben, in der Taxifahrer-Prüfung muss er sie sämtlich parat haben, so die Internet-Enzyklopädie Wikipedia. Täglich wälzt sich durch dies Gewimmel ein zäh-gewaltiger Magma-Strom von Millionen Fahrzeugen. Londons Taxifahrer aber? Gottergeben wirft er sich Tag und Nacht mit seinem „Black Cab“ und geradezu shakespearscher Wucht in dieses Stahlgewitter. Und darin ist es nicht nur laut und eng – glaubt man den Berichten über die Verkehrsverhältnisse, geht es schlimmer zu als in Sodom vor dem Schwefelregen. All das nahm er bisher voll nobler Gleichmut hin. Aber seit kürzlich Extra-Fahrspuren für Olympia-Offizielle und Athleten eingerichtet wurden, die auch Taxifahrer freihalten müssen, seitdem kocht, wallt, brodelt heiße Wut quecksilbrig durch seine Venen. Um dem Taxifahrer-Protest gegen diese freche Bevorzugung ein Gesicht zu geben, entschloss sich nun einer der ihren zu einer olympia-verdächtigen Protestaktion. Der Mann sei von der berühmten Tower Bridge im Zentrum der britischen Hauptstadt in die Themse gesprungen, teilte die britische Polizei mit. Er sei daraufhin von Polizeitauchern geborgen und anschließend wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen worden. Was wieder mal beweist, wie meschugge die Welt ist. Springt ein Mann nur aus sportlichen Gründen ins Wasser, hängt man ihm eine Medaille um. Springt er aus ehrlichem Protest, kommt er in den Knast.

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