Abgetaucht

Wenn zwei Menschen 73 Tage in absoluter Isolation eingesperrt sind, ist dies für gewöhnlich ein Fall für Amnesty oder gar die UN-Menschenrechtskommission. Bei Bruce Cantrell und Jessica Fain sieht die Sache anders aus. Denn die sind Wissenschaftler, die bei der Aussicht, einen neuen Unterwasser-Rekord aufzustellen, eher mit girrenden Lauten der Verzückung reagiert haben dürften. Am 3. Oktober ließen sich die beiden Biologie-Dozenten für 73 Tage, zwei Stunden und 34 Minuten in einer Kapsel in knapp zehn Meter Tiefe hinab. Nun mag es menschlich gesehen dieser Tage durchaus Gründe geben, für längere Zeit abzutauchen. Denken wir nur an Helene Fischer. Aus Sicht der Forschung allerdings scheint diese neue Bestmarke im Zu-zweit-unter-Wasser-herumtrödeln nicht eben das Potential zu bergen, sich von der grauen Raupe öder Rekordsucht zum leuchtenden Schmetterling wissenschaftlicher Erkenntnis zu entfalten. Immerhin – so war immerhin aus der Pressemitteilung herauszulesen – soll damit irgendwie gegen die Überfischung der Meere protestiert werden. Nun ja – das wäre vielleicht auch einfacher gegangen. Und so erhebt sich der Verdacht einer gewissen Schlichtheit hinter dem Plan, die im Jahr 1992 aufgestellte Bestmarke von 69 Tagen zu überbieten. Zugleich ist der Vorgang ein herrlich dekadentes Beispiel dafür, wie man zehneinhalb Wochen noch sinnloser als mit dem Aktualisieren seines Facebook-Profils verdummen kann. Sehen wir das Positive: Die beiden haben bewiesen, dass manche Wissenschaft vor allem eines beherrscht: Die hohe Kunst absoluter Folgenlosigkeit.

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