Schland, o Schland!

Sommerloch: FDP-Politiker fordert einen neuen Patriotismus

Das Demokratische an der Sommerhitze – sie macht allen zu schaffen; Das Einseitige an ihr – Hinterhof-Politiker leiden besonders laut. Jedenfalls kommen alle anderen bequem mit den drei bekannten Hauptsätzen der Thermodynamik durchs Jahr. Jene Kaste aber erweitert sie pro Sommerloch – leider nicht stillschweigend – um einen weiteren, der da lautet: Sonnenenergie wandelt sich im Volksvertreter-Kopf in heiße Luft, und die hat vuvuzela-artig zu entweichen! Hitzebedingt sparen wir uns mehr Überleitungs-Tamtam: Der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören (Jahrgang 1972) ist aus Niedersachsen, einem Bundesland, dessen Terrain in manchem Kopf ein Gefühl von Weite, Offenheit, ja Poesie weckt; einem Bundesland, das aber aus unsrer nüchtern-vorurteilslosen bayerischen Perspektive die meiste Zeit des Jahres nicht wirklich existiert, weil es da ja bekanntlich von der Nordsee überflutet ist. Wir bitten, uns nicht misszuverstehen – wir wollen nur erklären, wie jemand, der einerseits knietief im Wasser watet, wenn andererseits sein Kopf zornigen Hieben von des Sommers Sonnenknute ausgesetzt ist, bisweilen Opfer bedenklicher gedanklicher Thermodynamik wird. Tören also schlug (dabei möglicherweise prächtig angetan im Redegewand eines Patrioten neuer, bunter, verrückter Art) vor, künftig ein Bild von Bundespräsident Christian Wulff in jedes deutsche Klassenzimmer zu hängen. Jener neue, bunte, verrückte Patriotismus, der sich während der WM etwa durch schwarzrotgoldene Seitenspiegel-Überzieher erwiesen habe, dürfe jetzt, so Tören, nicht einfach verpuffen. Hm – das Staatsoberhaupt-Bildnis im Klassenzimmer … das klingt in der Tat neu, bunt, verrückt! Ähnlich bunt lebt unsres Wissens nur noch Nordkorea seinen gesunden Patriotismus aus. Im weiteren Vergleich aber konstatieren wir vorurteilslos bayerisch: Wer mit Großen pinkeln will, muss sein Bein aweng höher heben! Soll heißen: Warum nur in Schulen? Seit kurzem sitzen in bayerischen Kneipen genug Nichtraucher passiv herum, durch rauchfreie Luft hindurch die unpatriotisch kahlen Wände anstarrend! Und warum nur Wulff (Niedersachse)? Sollte nicht heilige deutsche Dreifaltigkeit überm Zapfhahn hängen – rechts Wulff, links Ratzinger (Bayer), über allem Gezänk aber Löw (Badener) – im Eichenlaub? Bevor wir uns ausmalen, wie wir künftig beim Zahlen gemeinsam mit dem Wirt noch schnell die Hymne singen, folgende Drohung: Sollten in diesem Sommerloch noch mehr solche Patriotismus-Initiativen kommen, setzen wir die Flagge auf Halbmast!

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