Angriff auf Passanten

Nur Naivlinge denken, unsre Innenstädte seien Orte beschaulichen Flanierens. Tatsächlich sind sie Sümpfe, wo man im Morast würdelosen, peinlichen Kommerz-Ranschmeissens steckenbleibt. Haie warten hier, die uns die durch Selbstausbeutung hart erkämpften Penunzen wieder abschwatzen wollen. Wer wäre nicht schon zehn bis tausend mal von dauergrinsendem, herausgeputztem Marketing-Personal (gern mit Designer-Stehtischchen voller Hochglanzbroschüren) angequasselt wurde, ob er nicht dies abonnieren, bei jenem Mitglied werden möchte? Jedesmal ein Knutenhieb, der einbleut: Innenstädt haben zu wenig Fluchtmöglichkeiten! Hat etwa schon die Gotik geplant, uns später mal wie Schafe im hübsch umbauten Pferch spätkapitalistischer Verwertungslogik zuzuführen? Was jedenfall nervt (wie oft), ist das Dumpfe, Durchsichtige. Meist jüngere Damen (Prädikat: beängstigend vital bei gleichzeitiger Tendenz zu einer gewissen Übergriffigkeit) versuchen, eventuellen Widerstand schon auf eine Meile durch grenzdebiles Dauerlächeln betäuben, um den so willenlos gemachten Konsum-Zombie am Steh-Tischchen im Tausch gegen irgendwelchen Ramsch noch die letzte Würde zu rauben. Immerhin – ein Produkt gäbe es, das wir uns hier gern mal aufschwatzen ließen: Einen Jahresvorrat Pillen, die helfen, diesen Teil der bewussten Wahrnehmung auszublenden.

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