Die Kraft der Lenden

Ramses II. zeugte 15, Dschingis Khan sieben in einer Nacht, August dem Starken werden 345 angedichtet – Kinderzeugung war für manch Großen der Welt offenbar ein Akt der Selbstvergewisserung. Solche Quoten erzeugen die Vision von Machthabern, die auf Bocksfüßen unablässig, fiebrig und ziellos einher rasen wie heutzutage Flipperkugeln. Nur, um alles, was sich nicht schnell genug in Nischen der Palastmauern verkriechen konnte, rigoros zusammen zu kopulieren. Ähnliche Versuche heutiger Eliten nehmen sich dagegen als tölpelhaftes Imitieren historischer Vorbilder aus: Wenn ein Berlusconi, ein Strauß-Kahn tapperig ein Zimmermädchen, eine Edelnutte in der Stube herum schubst, ist das nur noch peinlich bieder, nicht zuletzt durch die Fruchtlosigkeit! In diese Beobachtung fällt uns die Meldung, dass die Geschichte unbemerkt ganz woanders einen einsamen Rekord aufgestellt hat: Ein österreichischer Wissenschaftler hat womöglich 600 Kinder gezeugt – per Samenspende. Bertold Wiesner betrieb im London der 1940er-Jahre eine Klinik für künstliche Befruchtung und verhalf von 1940 bis 1960 Frauen zu rund 1500 Babys. Auch das erzeugt eine Vision: die eines ebenso uneitlen wie begnadeten Doktors, der in der Verschwiegenheit eines Hinterzimmer-Labors bei Ausübung des Dienstes an der Menschheit sich selbst nicht schont, sich alles abtrotzt! Gentests legen nämlich nahe, der 1972 Gestorbene sei Hauptspender gewesen. Das, werte Leser, ist Fortschritt: Dass heute brünstige, stämmige Machthaber auf ureigenstem Feld von zersteuten, aber bienenfleissigen Wissenschaftlern übertroffen werden können!

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