Generation Golf

Der Mensch verkommt oft zum triebgehetzten Werkzeug eigener Sammelwut, zumal, wenn er Gegenstände erhamstert, die einmal die Habe bedeutender Menschen waren oder von ihnen berührt wurden. Die Internet-Enziklopädie Wikipedia nennt diese Objekte „Berührungs-Reliquien“, der „Heilige Rock von Trier“ (es soll sich um Jesu Gewand handeln), zu dem vor 500 Jahren zum ersten mal Wallfahrer zogen, gilt als „Knüller“ in dieser Kategorie. Aus Gründen wissenschaftlicher Präzision möchten wir hier anregen, im Lokal der Berührungs-Reliquien ein neues Separee abzugrenzen: das der Verkehrsmittel-Reliquie. Denn am immergrünen Efeu der Tradition des Überreste-Sammelns blüht eine besonders markante Dolde: die, bevorzugte Verkehrsmittel überragender Figuren zu horten. So liegen die Sandalen Jesu in der Abtei Prüm in der Eifel; in der Festung Ingolstadt verstaubt der ausgestopfte „Schwedenschimmel“, der Gustav II. Adolf im April 1632 unterm königlichen Hintern weg geschossen wurde. Im Herbst 1632 wiederum wurde Gustav II. Adolf vom Hengst „Streiff“ herunter geschossen, der steht ausgestopft in Stockholm; der altersgraue Golf Benedikts XVI., der 2005 für 190.000 Euro bei ebay versteigert wurde, dämmert heute in einem Online-Casino namens Golden Palace vor sich hin. Seitdem scheint ebay eifersüchtig über den Reliquien-Handel zu wachen: Als kürzlich jener alte Golf, den Angela Merkel in den 90er Jahren besessen hat, unter den Hammer kam, stoppte ebay trotz gültigen Gebots den Vorgang mit einem entwaffnenden Argument: 120 000 Euro für Merkels ollen Golf – das könne doch niemand ernst meinen!

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