Das Lieben der Anderen

Auf dem Tableau menschlicher Tätigkeiten nimmt der Beischlaf ohne Zweifel eine Spitzenposition ein. Welches Wesen auch immer im Universum dafür verantwortlich ist, dass die Vermehrung menschlicher Biomasse durch geschlechtliche Vereinigung geschieht – es hat zur Belohnung einen nicht unerheblichen Spaßfaktor eingebaut. Das leugnen höchstens lustfeindlich-verstockte Puritaner. Und wir wollen annehmen, dass sie das aus schäbigem, gelbem Neid tun. Einem Ehepaar aus dem australischen Adelaide jedenfalls war das gegenseitige „Erkennen im Fleische“ (Bibel) bis vor kurzem muntrer Springquell gemeinsamen Glücks. In geradezu frettchenhafter Geschäftigkeit erledigten die Beiden ihre ehelichen Obliegenheiten pünktlich und zuverlässig und mit einigem Enthusiasmus fünfmal die Woche. Woher wir das so genau wissen? Nun, es kann der Bravste nicht in Frieden lieben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt: Anwohner alarmierten wegen des dabei entstehenden Geräuschpegels 20 mal die örtliche Polizei. Die wandte ein neues Lärmschutzgesetz an, verhängte eine Geldstrafe von umgerechnet 260 Euro und verordnete zwangsweise für 72 Stunden „Ruhe im Objekt“. Etwas übertrieben, wie wir finden: Erstens hat die Natur den Vorgang offenbar nicht als geräuschlosen Akt konzipiert (Gartenbesitzer denken an den Igel). Zweitens: wer gemeinsam das Blut der Ekstase aus dampfenden Schalen schlürft, überhört mitunter das unternehmungslustige Brummen und Kreischen, das dabei entsteht. Drittens steht der Vorgang für eine sehr verkehrte Welt: laute Liebe kostet 260 Euro; leiser Hass bleibt weiter kostenlos.

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