Integrationsfaktor Weihnachtsmarkt

Pünktlich zur Weihnachtszeit vernehmen wir wieder mal anschwellende Bocksgesänge diverser Etepetete-Journalisten, dass so ein Weihnachtsmarkt nichts sei als die Mesalliance  aus dumpfer Profitgier und rohem Kitsch. Wir fordern: Man brandmarke sie alle! Erstens gibt es weiß Gott viel Verdammungswürdigeres als ausgerechnet Weihnachtsmärkte (nehmen wir nur Streubomben oder Florian Silbereisen). Zweitens: Weihnachtsmärkte sind unverzichtbarer Kitt dieser Gesellschaft! Oder kennen Sie einen anderen Ort auf der Welt, an dem sich zitternde, Opium essende Chirurgen-Gattinen nach dem letzten Einkauf, Reiki-Lehrer, Elefantenführer, Barfüßer-Mönche, Falschirmspringer, Kartenabreisser, Tierquäler, Leitartikler und Leute mit Taubenkacke auf der Mütze so zwanglos zusammenfinden? Na also! Abgesehen davon wüsste eine Nation ohne Weihnachtsmarkt auch nicht, wohin mit all dem noch übrig gebliebenen Industrie-Alkohol. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, diesen in Form von Punsch und Glühwein relativ gefahrlos zu entsorgen. Und Leute zu tadeln, weil sie derart fragwürdige Getränke in sich hinein stellen, ist ebenso sinnlos, wie einer Laborratte vorzuwerfen, dass sie die Futtertaste drückt. Das einzig Bedenkliche: Irgendwann zwischen der dritten und der elften Tasse werden alle sentimental. Worunter zu verstehen ist, dass man versucht, sich mit Leuten zu versöhnen, mit denen man gar nicht zerstritten ist. Wenn das schon das Schlimmste ist … aber wer das nicht versteht, bei dem ist der wahre Bedeutungsteil von Weihnachten vermutlich schon bis auf die Gräten abgenagt.

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